In Kontakt kommen - Joachim Hartmann Coach & Trainer
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In Kontakt kommen

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Sonntagnacht in der Notaufnahme Ein abgerutschtes Messer, jetzt fehlt ein gutes Stück von Jans Daumen. Er ist dann doch lieber in die Klinik gefahren. Die Damen an der Aufnahme sind aufmerksam und geduldig. Nun sitzt er im Wartebereich, weiß nicht, was passieren wird, wann er wieder zu Hause ist, ob er morgen arbeiten kann. Wie wird er zurecht kommen mit einer verletzten Hand?

Endlich, er wird aufgerufen. Ein junger Mann nimmt sich sei- ner an. Ist er Pfleger, ist er Arzt, Student oder Chirurg? Woran erkennt man den Unterschied? Der Mann drückt, besieht sich alles, und bittet Jan, wieder im Wartezimmer Platz zu nehmen. Der Daumen schmerzt weiter, die Gedanken spielen verrückt: Wie geht es weiter? Muss er genäht werden?

Eine Stunde vergeht – klar, es ist die Notaufnahme, es gibt ja wirkliche Notfälle. Dann endlich, ein zweiter junger Mann wen- det sich Jan zu.
Der Schmerz hofft immer noch auf Linderung. Das Vertrauen ist noch da: Es wird schon werden … .

Drei Hauptbedürfnisse Was wünscht sich jemand wie Jan, um sich in einer solchen oder ähnlichen Situation von seinem Arzt gut aufgehoben zu fühlen? Vor allem 3 Dinge: Kompetenz, Autonomie und Bindung. Und wie vermitteln Sie ihm das? Garnieren Sie Ihr Fachwissen mit Elementen der motivierenden Gesprächsführung. Das Ganze ist wie Torte essen, die aus 3 Stü- cken besteht. Jedes Stück symbolisiert eins der obengenannten grundlegenden Patientenbedürfnisse. Servieren Sie dem Patien- ten gut gemischt immer ein paar Häppchen.

Kompetenz Geben Sie Informationen verständlich, indem Sie Kompliziertes einfach erklären, kurze Sätze bilden, Bilder und Vergleiche zur Veranschaulichung nutzen. Geben Sie dem Patienten auch positives Feedback: Wer 2 h in der Notaufnahme ausharrt, freut sich, wenn Sie bewundern, wie er trotz Schmerz die Geduld dazu aufbringt.

Autonomie Vermeiden Sie Druck oder Zwang. Verzichten Sie auf Formulierungen mit den Wörtern müssen, haben und sollen. Versuchen Sie es mit „Ich empfehle …“, oder verbinden Sie IhrenHinweis mit einer Frage: „Was halten Sie davon, es einmal so zu probieren?“ Üben Sie Gelassenheit, wenn der Patient ein deutliches Nein entgegnet oder Sie mit Aussagen konfrontiert wie „Im Internet steht …“ Laden Sie den Patienten ein, Ihnen kurz zu be- richten, was er gelesen hat. Helfen Sie dem Patienten auch, Entscheidungen selbst zu treffen, z. B. ob er zur Überwachung eine Nacht in der Klinik bleiben oder doch nach Hause gehen möchte.

Bindung: Bauen Sie eine Beziehung auf Das hilft dem Patienten, auf dem Weg seiner Genesung mitzumachen. Drücken Sie Empathie aus, erkunden Sie Sorgen und Ängste. Nehmen Sie Ihren Patienten ganz einfach ernst. Sinnvoll sind Sprechpausen im Sinne von „ich denke nach“. Schlagfertigkeit dagegen kann die Arzt-Patienten-Beziehung verstümmeln. Vor allem Ironie oder Sarkasmus führen dabei schnell zu Missverständnissen und sollten außen vor bleiben.

Vor allem Verständnis zeigen Zugegeben, es wird Situationen geben, wo Sie von diesen Ideen abweichen müssen. Die 3 vorgeschlagenen Punkte lassen sich nicht immer und nicht bei jedem Patienten umsetzen. Meine Erfahrung als Coach, Trainer und Berater hat mir gezeigt: Ein Mensch braucht vor allem das Gefühl, dass ich versuche, ihn zu verstehen und mich auf ihn einlasse. Erst dann ist er bereit, sich dem zuzuwenden, was ich von ihm will. Das braucht Übung und Konzentration, vielleicht auch eine Portion Begabung. Es braucht Ihre Fähigkeit wegzulassen, zumindest für einen Augenblick, was Ihnen im Moment des Patientenkontakts entgegensteht: Ihre Gedanken rund um den ganz alltäglichen Wahnsinn mit all seinen normalen und außer- gewöhnlichen  Belastungen.

Quelle: Joachim Hartmann. Kolumne. Aber bitte mit Sahne. In: Lega artis. 03.2015. Georg Thieme Verlag. Mit freundlicher Erlaubnis des Verlages.