Gestresst und trotzdem nett - Joachim Hartmann Coach & Trainer
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Gestresst und trotzdem nett

Gestresst und trotzdem nett

Der Einstieg

Am liebsten würde ich denen sagen, die zu viel Stress empfinden, lesen sie bei Goethe nach: „Hast du nach innen das Nötige getan, erledigt sich das Äußere wie von selbst.“
Das kann als äußerst frech verstanden werden, was ich als „gute Trainerseele“ vermeiden möchte, anderen weh zu tun – zumindest, ohne es angesagt zu haben. Ein sehr altes wie bekanntes Mittel, Menschen zum Auseinandersetzen mit sich selbst zu bewegen ist: die Übertreibung – gab mir mein Vater mit auf den Weg, und er musste es wohl gewusst haben; er war Verkäufer für OGS, Polizist und Lehrer. Er betonte gern: Lehrer mit h.
Falls Sie sich fragen, was OGS ist oder bedeutet: Obst, Gemüse, Speisekartoffeln.
Am liebsten denke ich, dass wir es verlernt haben, wirklich nichts zu tun. Auch ich, gelegentlich, wie jetzt gerade beim Schreiben; was sehr viel besser fließt, wenn die Gedanken zu Worten werden in dem Zustand des Nichtstuns. Und nichts tun ist eben nicht: aus einem Seminar kommen und eins für morgen noch vorbereiten und nebenbei ein Mountainbike tunen.
Auch am liebsten, würde ich Ihnen verraten, wie es mit der Hantel-Strategie funktioniert.
Wie Sie Extreme nutzen und die Mitte weglassen – bezogen auf: Wie Sie auf das Risiko achten und in manchen Bereichen auf Nummer sichergehen. Beides können sie sehr viel besser als ich es gerade beschreibe, bei Nassim Taleb nachlesen – wenn Sie es nicht bereits taten und versuchen danach zu leben – in: „Antifragilität. Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen“. Genau dort fand ich das Sprichwort: „Triff Vorsorge für das Schlimmste; das Beste erledigt sich von selbst.“
Ich mir bin ziemlich sicher, dass allein diese Idee hilft, gar nicht erst in stressige Situationen zu kommen.

Dem Stress die Maske rauben

Stress, Stress, Stress – wir alle haben Stress, wir fühlen uns gestresst.
Ich fand für mich eine relativ einfache und zugleich schlüssige Beschreibung, was damit gemeint ist: Stress.
Für mich geht es so: es gibt Belastungen – des Alltags, des Lebens, im Beruf, im Privaten. Und wie ich diese Belastungen erlebe, das nenne ich dann Stress.
Die Natur gab es uns Menschen auf den Weg, dass wir mit diesen Belastungen umgehen können, dass wir sie „überleben“:  Irgendwie mussten es unsere Vorfahren ja geschafft haben, in Phasen des Hungers den Verstand nicht zu verlieren. Irgendwie sollte es ja funktionieren, dass ein Fahrradfahrer an einer rot leuchtenden Ampel anhält und die Augen offenhält und die Ohren, für den Fall, dass ein 40-Tonner neben ihm versucht, eine Kreuzung zu befahren. Ganz sicher ist es auch besser, alle Körperfunktionen zu aktivieren, die notwendig sind, um einer vorgesetzten Person fachlich, sachlich hoch konzentriert gegenüber zu stehen im Rededuell beim Verhandeln z. B. für einen extra Bürostuhl für zu Hause im Covid-19- Home-Office-Zustand.
Ja, wir brauchen wohl auch diesen Baustein der Natur, mit einem Belastungszustand umzugehen, um unsere nächste Geburtstagsfeier so vorzubereiten, dass die, die kommen sollen auch kommen wollen und es anschließend wieder gern tun werden – beim nächsten Mal.
Nun ist es wohl dann auch so, dass wir Menschen, Sie und ich z. B., recht unterschiedlich sind. So die positive Annahme. Das führt dann dazu, dass Sie abwinken, wenn ich bereits nach zwei Dingen, die ich als Belastung empfinde, schlappmache und mich krankschreiben lasse wohingegen Sie noch immer nicht genug Belastungen geschultert haben und ganz und gar nicht verstehen können – oder auch wollen – was ich nur habe.

Hauptsatz

Stress ist sehr sicher hoch individuell – weil wir Menschen sehr unterschiedlich veranlagt sind, Stress zu empfinden wie auch mit ihm umzugehen. Sehr viel Biologie ist hier im Spiel.
Bedanken Sie sich bei Ihren Genen und denen, die sie Ihnen mit auf den Weg gaben. Ein wenig Ironie darf sein.
In Zukunft verdrehen Sie nicht die Augen, wenn Ihr Kollege oder Ihre Kollegin mal wieder über all das Belastende sich beklagen. Total normal vom Standpunkt des Genetischen betrachtet.

Der Besonderheit zum Licht verhelfen

Zurück zum Goethe-Zitat: Das Innere klären.
Wenn es also so ist, dass wir unterschiedlich Stress empfinden und mit ihm umgehen, sollten wir, jeder für sich, herausfinden: Welche Situation und oder welcher Mensch uns gegenüber erzeugt bei mir selbst ein Zuviel an Belastung, sodass mein Körper, mein Verhalten, meine Gedanken und meine Gefühle so stark aus der Balance kommen, das genau auf diesen Ebenen Symptome zum Leben erweckt werden, die ich so bisher nicht kannte.
Und wenn es dann so ist, lerne ich, wenn ich will und kann, anders als bisher mit diesen Situationen oder Menschen umzugehen. Ich lerne zusätzlich, was ich tun kann für mich, um meinen Körper, mein Verhalten, meine Gedanken und mein Fühlen nach einer stressigen Situation wieder auf ein solches Niveau zu bringen, dass als Entspannung wahrgenommen wird.

Lehrsatz:

Eine Belastung wird durchlebt. Nach einer Phase der Anspannung sollte die Phase der Entspannung folgen. Schön ausgewogen.
Ich nenne das dann gern „Mein persönlicher Stressbogen“.
Leider sind unsere Tage oft so, dass die Phase der einsetzenden Entspannung wegfällt, weil in sie hinein eine neue, weitere Phase der Belastung fällt. Dafür wurde der Begriff der „Stresstreppe“ modellhaft gefunden.

Das folgende Plakat symbolisiert das etwas (Seminar: „Gestresst und trotz dem nett“):

Checkliste zum Prüfen der eigenen Situation:

Stress-Symptome auf der körperlichen Ebene (eine Auswahl):

  • Erhöhte Muskelanspannung besonders im Nacken- und Rückenbereich
  • Unruhe
  • Muskelzuckungen
  • Schwindelgefühl
  • Ein- und Durchschlafprobleme
  • Kopfschmerzen
  • Gereizter Magen
  • Übermäßiges Erschöpfungsgefühl 

Stress-Symptome auf der Ebene der Gedanken und Gefühle (Auswahl):

  • Nervosität nach innen:
    Angespannt
    Weinerlich
    Sorgenvoll
    Sich selbst unter Druck setzen
  • Blockiertes Denken:
    Grübeln
    Denkblockaden (black out)
    Leere
    Vergesslichkeit
  • Missstimmung und Traurigkeit
  • Unzufriedenheit und Ärger
  • Gefühl der Hilflosigkeit
  • Angst zu versagen

Stress-Symptome auf der Verhaltensebene (Auswahl):

Nervosität nach außen:

  • Hastiges Sprechen, keine Muße beim Essen oder Unterhalten
  • insgesamt aktivierter und ruhelos
  • reizbar, manchmal aggressiv
  • Mangelnde Leistung im Berufsleben:
  • Weniger Energie
  • Verminderte Kreativität
  • Weniger entscheidungsfähig
  • Gestörte Kommunikation mit Mitarbeitern
  • Fehlende Konzentration auf das Wesentliche
  • Unkoordiniertes Arbeitsverhalten:
  • Mehrere Dinge gleichzeitig bearbeiten
  • Mangelnde Planung
  • Übersicht auf dem Schreibtisch und bei der Zeitplanung verlieren
  • Ungeduldiges, ruheloses Arbeiten ohne Pausen
  • Arbeit mit nach Hause nehmen

Unfähigkeit abzuschalten

  • Nachts an das Berufsleben denken
  • Verzicht auf Urlaub
  • Keine Freizeit mehr
  • Keine Bewegung
  • Weniger private Kontakte
  • Betäubungsverhalten
  • Unkontrolliertes Essen und Rauchen
  • Vermehrter Alkoholkonsum
  • Übermäßiger Kaffeegenuss

(zu den Symptomen vergleiche: Benkert, O.: StressDepression, Die neue Volkskrankheit und was man dagegen tun kann)

Was ist zu tun?

Na klar hilft es, sich mit Stressbewältigungs-Management zu befassen.
Dafür gibt es Angebote der Krankenkassen, des Betriebliche Gesundheitsmanagements und Angebote kommerzieller Anbieter. Sie bemühen sich um uns, um uns zu helfen, mit den Belastungen und mit deren Wirkungen umzugehen und die Folgen zu mindern.
Wählen Sie aus den Elementen des Stressbewältigungs-Management das aus, was zu Ihnen als Person, zu Ihrer Situation und Ihren Symptomen passt und probieren Sie mit einem „Anbieter“ Ihrer Wahl in entsprechenden Trainings aus, wie es für Sie wirkt:

  • Für Ziele sorgen
  • Mobilisieren und Motivieren
  • Entspannungstraining
  • Genusstraining
  • Kommunikationstraining
  • Problemlösungstraining
  • Zeitmanagement
  • Allgemeine Methoden

 

Wenn es dann „nur“ das ist – sich ärgern oder sich genervt fühlen?

„Freundlich und nett“ bleiben, das ist sicherlich eine Kunst in einem Zustand des sich gestresst Fühlens.
Höchstwahrscheinlich braucht das eine gehörige Portion Selbstreflektion und Bewusstheit.
Das wiederum braucht Sensibilität in genau solch einer Situation, die durch die Art des Belastendenden und ihres Zustandekommens das mindert: sensibel und flexibel zu sein.
Der Zustand des gestresst Seins lässt das wohl genau nicht zu.
Über Sie.
Teilen Sie sich Ihrem Umfeld mit.
Meine mir wichtigen, sehr nahen Menschen wissen bereits jetzt, dass der Herbst heiß wird, wie jedes Jahr. Sie wissen, dass dieser Zustand dafür sorgt, dass meine Fähigkeit genau auf sie einfühlsam, entspannt, locker, freudig, mitfühlend zu reagieren „baden geht“.
Dadurch ist es wiederum für sie leichter, mein nicht nett Sein über zu bewerten.
Ich selbst übe natürlich auch: Jedes Jahr aufs neue: Selbstreflektieren, sich des Zustandes der Belastungen bewusst sein, Ursachen- und Wirkungs-Zusammenhänge herstellen.
Und manchmal ist alles nur nervend oder einfach Ärger.

Sie, hochverehrte Leserinnen und Leser bekommen jetzt noch eine Aufgabe:
Lernen Sie es zu trennen: Wann ärgern Sie sich oder fühlen sich genervt und wann ist einfach alles viel zu sehr belastend?
Fürs Erstere suchen Sie sich einen nahen Menschen, mit dem Sie darüber reden, um es gedanklich und emotional neu zu strukturieren. Das sollte oft helfen, das Nervende und den Ärger in den Griff zu bekommen.
Für das Zweite: Klären Sie immer wieder, was sie wirklich belastet und suchen Sie etwas, was Sie entspannt.
Augenzwinkernd: Jedoch etwas Grundanspannung sollte sein, denn sonst ist jede Couch das Aus.